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Nachhaltigkeit in der Brillenbranche

  • Nathanaël Wenger & Eveline Perritaz
  • 2. Okt.
  • 3 Min. Lesezeit

Das Konzept der Nachhaltigkeit stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft und beruht auf der einfachen, aber grundlegenden Idee, dass nur so viel Holz geschlagen werden darf, wie auch nachwächst. Heute ist der Begriff längst breiter gefasst und betrifft unseren Umgang mit sämtlichen Ressourcen, von Energie über Rohstoffe bis hin zu Konsumgütern. Gerade in der Schweiz ist das Thema besonders drängend: Würden alle Menschen so leben wie wir, bräuchte es rund zweieinhalb Planeten.


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Man könnte nun einwenden, dass eine einzelne Brille in dieser Rechnung kaum ins Gewicht fällt. Doch genau die Summe der vielen kleinen Kaufentscheide beeinflusst letztlich die Gesamtbilanz. Eine Brille ist damit keineswegs ein unbedeutendes Produkt. Immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten wollen wissen, woher ihre Brille stammt, wie sie gefertigt wurde und unter welchen Bedingungen sie entstanden ist. Zahlreiche Hersteller:innen und Augenoptiker:innen haben darauf reagiert und positionieren sich mit nachhaltigen Angeboten. Sie schaffen damit nicht nur einen ökologischen und ethischen Mehrwert, sondern steigern auch die Attraktivität für Mitarbeitende, die lieber mit Produkten arbeiten, die glaubwürdig und verantwortungsvoll hergestellt wurden.


Zeitlose Qualität statt Wegwerfmentalität

Nachhaltigkeit in der Brillenbranche beginnt bei der Qualität. Die nachhaltigste Brille ist jene, die am längsten getragen wird. Entscheidend sind dabei Design, Verarbeitung und die Wahl der Materialien. Langlebige Werkstoffe wie Titan, hochwertiges Acetat oder moderne Polyamide machen Fassungen robust und zeitlos. Brillen hoher Qualität lassen sich zudem aufarbeiten, neu verglasen oder reparieren. Zwar sind Fertigkeiten wie Löten oder Kitten in der Ausbildung weniger gefragt als früher, doch bleibt das Wissen darüber ein wertvolles Element, um Produkten ein zweites Leben zu geben. Eine langlebige Fassung ist damit nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch Ausdruck handwerklicher Kompetenz.


Materialien mit Zukunft

Die Materialfrage rückt immer stärker ins Zentrum. Naturmaterialien wie Holz oder Horn überzeugen durch eine besonders gute Ökobilanz, da sie nachwachsen und biologisch abbaubar sind. Gleichzeitig entstehen innovative Konzepte, die auf Wiederverwertung setzen. Marken wie Sea2see oder Planctons verarbeiten Plastikmüll aus den Weltmeeren zu Brillenfassungen und zeigen, wie Upcycling Verantwortung übernehmen kann. Auch die industrielle Fertigung entwickelt sich weiter: Der 3D-Druck ermöglicht passgenaue Fassungen bei minimalem Materialeinsatz und ohne Verschnitt. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts, belegt, dass additiv gefertigte Brillen bis zu sechzig Prozent weniger CO₂ verursachen und damit deutlich nachhaltiger sind als konventionell hergestellte Produkte.


Regionalität als Qualitätsversprechen

Ein weiteres Kriterium ist die Regionalität. Wenn eine Brille in Europa oder gar in der Schweiz gefertigt wird, verkürzen sich nicht nur die Transportwege und damit die Emissionen. Lokale Produktion steht zugleich für Transparenz, kontrollierte Qualität und faire Arbeitsbedingungen. Labels wie „Made in Europe“ sind somit mehr als Herkunftsangaben, sie sind ein Versprechen. Schweizer Marken wie Marcus Marienfeld oder unsere zahlreichen Hornproduzenten zeigen exemplarisch, wie sich durch lokale Fertigung Nachhaltigkeit mit handwerklicher Präzision verbinden lässt.


Der Optiker im Clinch

Für Augenoptikerinnen und Augenoptiker ergibt sich aus all dem ein Spannungsfeld. Wirtschaftlich gesehen lohnt sich jede verkaufte Brille, doch Nachhaltigkeit bedeutet, den Lebenszyklus von Produkten bewusst zu verlängern und damit indirekt den Absatz zu reduzieren. Wer diesen Widerspruch auflösen will, braucht neue Ansätze im Geschäftsmodell. Zusätzliche Wertschöpfung kann durch Serviceangebote entstehen: Reparaturen, Neuverglasungen, individuelle Anpassungen oder nachhaltige Pflegesets machen den Optiker zum langfristigen Partner seiner Kundschaft. Und die Nachfrage bleibt dennoch bestehen, denn Brillen sind nicht nur Sehhilfen, sondern auch Modeaccessoires. Viele Kundinnen und Kunden wechseln regelmässig ihren Look oder benötigen mehrere Brillen für unterschiedliche Sehaufgaben.


Der Wandel kommt von den Konsumenten

Der eigentliche Treiber dieses Wandels sind die Konsumenten. Rund achtzig Prozent von ihnen achten heute beim Kauf auf Nachhaltigkeit und bevorzugen Marken, die klare Herkunft und echte Verantwortung zeigen. Damit wird Nachhaltigkeit zu einem entscheidenden Faktor in der Kundenbindung. Sie ist längst keine Einschränkung mehr, sondern eröffnet neue Möglichkeiten: bewusster einzukaufen, Produkte länger zu tragen und Brillen zu entwickeln, die nicht nur gut aussehen, sondern auch guttun. Für die Menschen, die sie herstellen. Für die, die sie tragen. Und für den Planeten, auf den wir angewiesen sind.

 
 
 

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